Simon Weiß finishte beim DATEV Challenge Roth powered by hep seine allererste Langdistanz auf Anhieb in 9:05h!
Was für eine geile Leistung! Und sie war bei Leibe nicht selbstverständlich.
Bei Simon habe ich die Ehre ihn nahezu schon sein ganzes Sportlerleben zu begleiten. Nicht permanent, aber immer wieder. Schon als Jugendlicher trainierte Simon in meiner Jugendgruppe des damaligen SC Roth 52 (später TSG 08 Roth). Im weiteren Verlauf betreute ich Simon während der Zeit in der er für Buschhütten in der 2. Triathlon Bundesliga Nord an den Start ging. Seinen ersten Marathon durfte ich mit ihm vorbereiten.
Und dann kam im vergangenen Herbst der Anruf, ob ich ihn für seine erste Langdistanz in Roth vorbereiten würde. Das war mir natürlich eine Freude, doch alles andere als einfach. Noch dazu hatte Simon nicht nur das Ziel zu finishen, sondern wenn möglich schon an der 9h Marke zu kratzen.
Simon hat sich die vergangenen Jahre immer sportlich bewegt, ist auch Marathon gelaufen, Triathlon hat er aber schon lange nicht mehr gemacht und die längste Distanz, die er bisher zurückgelegt hatte war eine olympische Distanz. Und noch dazu plagten ihn schon vor Aufnahme des Trainings Achillessehnenprobleme. Keine guten Voraussetzungen, um in ein Langdistanztraining einzusteigen, noch dazu die 9h angreifen zu wollen.
Dem gegenüber stand ein außergewöhnliches Sporttalent in einem Musterkörper für diese Sportart.
Also gingen wir es mal an und es hat auch erst mal alles sehr gut geklappt, bis 6 Wochen vor Roth. Da waren die Belastungen für Simon’s Achillessehne dann doch zu hoch geworden und wir mussten die Handbremse ziehen. Schwimmen und Rad weiter hohe Belastung, Lauf nur noch das nötigste, geringe Umfänge, keine Intensität, Schonung war das Motto, um überhaupt an den Start gehen zu können.
Und dann lief es tatsächlich nahezu perfekt. Schwimmen wie erwartet, Radfahren besser als gehofft und Lauf ging auch erst mal sehr gut los. Uns war bewusst, dass das Laufen nach der Trainingsreduzierung ziemlich schnell hart werden würde, aber Simon hielt das Tempo trotzdem so gut es ging oben.
Am Ende mit 9:05h ganz knapp am Ziel vorbei, aber für die erste Langdistanz trotzdem schon mal sehr geil!
Simon, ganz stark gemacht, ich bin sehr stolz auf Dich!
Hier Simon’s Bericht
Die Bedeutung des Sprichworts sagt aus, dass man selbst bei geringfügigen Fehlern oder knappen Fehlschlägen den angestrebten Erfolg nicht erreicht. – Stellt sich heraus, ist gar nicht so.
Der Anfang
Angefangen hat alles im Jahr 2001 – als ich als 8 jähriger Junge auf der Kanalbrücke stehen durfte um bei Sonnenaufgang voller Faszination den Athleten im brodelnden Wasser zu applaudieren. Ein Jahr später der erste Schülertriathlon mit Mountainbike, Badehose und Radtrikot. Fast Forward war es nun – etwas mehr als 20 Jahre später -an der Zeit meinen Kindheitstraum vom Langdistanz-Triathlon in Erfüllung gehen zu lassen.
Der Renntag
Am Vorabend um 20 Uhr ging es am Rothsee pünktlich ins Bett im Camper-Van, um nur keinen Stress am Morgen zu haben. Nach gefühlten 20 Klogängen war es dann 24 Uhr und keine Anzeichen von Schlaf in Sicht… Was soll’s wird schon werdenUm 4:15Uhr klingelt der Wecker, etwas Haferflocken mit Wasser und ein Riegel müssen als Frühstück genügen. Kurz nach 5 Uhr das Bike vorbereiten, Warm-Up, etwas Ruhe suchen, Neopren anziehen und schneller als gedacht ist es 6:50Uhr. Es geht los!
Der Schwimmstart wie gewohnt etwas vollgepackt, aber mit schnellen Zeitangaben wird man gerne bis an die Start-Leine vorgelassen. Nach dem Start findet sich schnell eine Gruppe, die zwar etwas ruppig ist und gerne mal ein Ellbogen fliegt, aber das gehört nun mal dazu. Kontrolliert geht es nach knapp 53 Minuten aus dem Wasser. Kurzer Check: wir sind im Zeitplan!
In der Wechselzone dann: Beutel suchen, Neopren ausziehen, Startnummer an und das Radtrikot auf dem Laufweg zum Rad anziehen. Dort den Pulsmesser an den Gurt klippen, Socke rechts, Socke links, Brille an, Helm auf. Vermutlich 100-mal im Kopf durchgespielt und oh Wunder es funktioniert tatsächlich so einfach wie es klingt.
Vor dem Radfahren hatte ich den größten Respekt. 180 Kilometer können verdammt lang werden. Aber die Euphorie packt einen auf der Kanalbrücke derart schnell, dass alle Synapsen durchbrennen. Ab Kilometer 5 konnte ich allerdings schon etwas Ruhe finden, mich auf mein Körpergefühl konzentrieren, Verpflegung starten und die Watt-Werte im Auge behalten. Aus meiner Sicht ist ein Vorteil, wenn man vorne aus dem Wasser kommt, dass am Rad nicht so viel Trubel ist. Der Nachteil: die Rad-Verrückten schießen an einem vorbei als wären wir beim 10km Zeitfahrrennen.
Die Devise lautete: kühlen Kopf bewahren und logisch denken. Wer von hinten auffährt, ist offensichtlich einfach schneller. Das muss man akzeptieren und das war auch so zu erwarten. Im Nachhinein ein Schlüsselmoment und einer der Momente im Rennen, auf die ich sehr stolz bin.
Im Vorhinein hatte ich mir auf den Lenker einen Zettel mit meinen geplanten Zeiten für jeweils Runde 1 und Runde 2 an den Punkten Greding, Solarer Berg und Heuberg geklebt. Wer weiß wie gut das Hirn im Rennen funktioniert. Der erste Zeit-Check gab mir einen Zeitpuffer von 10min zum eigentlichen Plan Also etwas zu schnell angegangen – aber auch etwas Puffer für die restliche Strecke.
Letztlich war das verbleibende Radfahren recht unspektakulär – bis auf den Moment in dem der Garmin ausgesetzt hat und keine Werte mehr anzeigte, und zwar gar keine Werte. Aber auch das war nur ein kurzer Schock-Moment, der 10 Jahre alte Knochen kam wieder zum Leben und lieferte weiter treue Dienste.
Nach gut 4h 53min auf dem Rad geht es aufs Laufen. Nach einem schnellen Kleidungswechsel in die Laufsachen gibt es dann zwei Optionen: Schwere Beine und es wird hart oder gute Beine und es wird hart.
Die ersten Kilometer liefen wie geschmiert, etwas über 4 Minuten pro Kilometer würde eine Endzeit von unter 9h bedeuten. Die Verpflegung läuft und nach und nach werden die Rad-Granaten eingesammelt. Von Eckersmühlen Richtung Schwanstetten versuchte ich dann immer wieder etwas den Windschatten der anderen Athleten zu nutzen, allerdings war ich etwas ungeduldig und zog weiter als ich auf der Uhr 15s pro Kilometer Unterschied in der Pace merkte.
Ab der Wende in Schwanstetten wurden die Beine denn doch Schritt für Schritt schwerer, der Magen wollte keinen Gel-Mix mehr aufnehmen. Bei Kilometer 25 an der Lände dann die erste Geh-Pause an der Verpflegung und der Schalter im Kopf legt sich um auf „das wird noch ein langer harter Tag“.
Die Devise für die letzten 17 Kilometer lautete, mit Cola und kurzen Stopps an der Verpflegung durchzukommen und das Ding irgendwie ins Ziel zu bringen. Eine absolute Qual, die Beine brennen, die Pace wird langsamer, der Tunnelblick wird enger und der Kopf sagt nur noch „Zieh durch, du packst das. Nicht aufgeben, nicht stehen bleiben.“
Der Heimvorteil und zu wissen, wie die Strecke verläuft hat mental extrem geholfen. In Büchenbach orientierte ich mich nur noch von Unicef Schild zu Unicef Schild, also circa 5 Meter Abschnitte. Danach noch bis zum See in Büchenbach und es war so gut wie geschafft. Wie in Trance ging es auf die letzten 5 Kilometer. Meter für Meter – es tut nur noch weh.
Bei Kilometer 40 kamen mir dann die ersten Gedanken, dass ich es tatsächlich geschafft habe. Und mit den Gedanken kommen auch die Emotionen. „Wie ein Schwamm“ dachte ich mir – alles aufnehmen was nur geht.
Ich spazierte durch das Zielstadion, ließ allen Emotionen freien Lauf, und als ich das Zielbanner, meine Freundin, Familie, angereisten Freunde erkannte und auch noch mein Bruder mit ausgebreiteten Armen auf der Ziellinie stand, liefen die Tränen. Was ein geiler Tag! Ich hätte mir mehr nicht wünschen können – 9:05:20 für die erste Langdistanz.
Fazit nach dem Rennen
Meine Schlüsselerfahrungen:
– Mach einen Plan und halte dich dran
– Überschätze dich nicht & vertrau auf dein Training
– Genieße esOb es Spaß gemacht hat? Jein.
Ob es schneller geht? Sicherlich.
Ob ein Finish nochmal so emotional werden kann? – Ich glaube nicht.
Ob ich trotzdem nochmal starte? – Eventuell .Für alle die das Lesen und sich fragen, wie viel man nun investieren muss und wie das alles so funktioniert: In Summe waren es seit Oktober 2022 ca. 350h Training.
• 65h Schwimmen
• 200h Radfahren
• 85h Lauftraining.
Mit einer Wochenarbeitszeit von 35h, flexiblen Arbeitszeiten, Home-Office Möglichkeit, keinen großen Problemen mal spontan einen Tag frei zu nehmen und keinen familiären Verpflichtungen hatte ich ein perfektes Umfeld um mich auf eine Langdistanz vorzubereiten. Unter anderen Bedingungen wäre das sicher nicht so möglich gewesen.
Danke Matthias, für deine empathische Art, für dein Vertrauen, für deine Tipps, für deine Zeit (nicht nur dieses Jahr sondern eher schon Jahrzehnte). Du trägst nicht nur zu diesem Erfolg, sondern auch zu meinem bisherigen Lebensweg einen großen Teil bei. Danke dafür!
Danke Sabrina, für deine Unterstützung, für die Zeit die du mir für das Training gegeben hast, für deine Worte wenn es mal nicht so lief und danke dafür, dass du mich immer wieder erdest.
Danke Mama & Papa & Felix, insbesondere für all den Support am Renntag, den Ansporn fürs Training, die Tipps und und und…
Danke Fan-Crew, ihr wart bei weitem die Lautesten. Erwartungen übererfüllt.
Simon Weiß
